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Channel: Karaoke – hinterindien
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Hunde sind ergebene Freunde. Eingeborene dagegen flattern wie Schmetterlinge.

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Die weltweite Seuche grassiert weiter. Einschließen und meiden von Kontakten werden weiterhin empfohlen. Aber viele Menschen sind unzufrieden und wollen sich in Gruppen ballen. Deshalb werden Städte oft Ballungszentren genannt, wo in sportlichen Gruppen Balance-Sex betrieben wird. Einige meinen, Einsamkeit schade der Gesundheit. Man benötige lebenswichtige Kontakte wie  Vitamine. 

In Europa vernahm ich immer wieder, wie treu Hunde seien. Anders als in Hinterindien in den Reisdörfern, wo die unerzogenen, pelzigen Kläffer in Strassen-Mitte duftige  Kegel setzen und dir höchstens für Häppchen nachlaufen. Die oft schlitzohrige Damenwelt ist für Treue und Sesshaftigkeit weniger bekannt. Sie gleichen flatterhaften Schmetterlingen, welche in Eile von Blüte zu Blüten wechseln. Hier schweigt des Sängers Höflichkeit. . .

Dazu eine wahre, unglaubliche Geschichte eines guten Menschen aus unserem Dorf.  Echte Schriftsteller könnten ein mehrbändiges Epos darüber schreiben, ähnlich dem stillen Don.  Der stille Don, russisch Тихий Дон, ist das Hauptwerk des Schriftstellers Michail Alexandrowitsch Scholochow, * 24. Mai 1905 auf dem Gehöft Kruschilin, Station Wjoschenskaja, heute Oblast Rostow; † 21. Februar 1984 in Wjoschenskaja. Scholochow begann das gewaltige, vierbändige Werk 1928 und schloss es erst 1940 ab.

Mitten in den Reisfeldern, etwas abgelegen, in der Nähe eines munter plätschernden Baches, steht ein neueres, schmuckes Haus. Dort arbeitet ein fleissigiger Mann und lebt mit Sohn und Tochter zusammen. Nur selten ist die Mutter anzutreffen. Auf den ersten Blick eine intakte, alltägliche Familie. Nach seiner Ausbildung arbeitete der junge Mann als Postbeamter. Er hauste bescheiden mit seinen Eltern in einem Nachbardorf. Er teilte seinen Lohn mit der ganzen Familie. Die Leute vegetierten eher schlecht als recht. Doch seine drei Geschwister erhielten fundierte Ausbildungen.  Zwei davon arbeiteten als Staatsbeamte im Beamtenstaat. Ein Bruder studierte Medizin und praktizierte in Bangkok.

Auf der Post begegnete er vor fast dreissig Jahren einer bezaubernden Angestellten, die ihm flugs den Kopf verdrehte. Die Liebe seines Lebens. Er heiratete die schönste Frau, die er sich vorstellen konnte. Er war der glücklichste Postbeamte der ganzen Welt. Man wagt sich kaum vorzustellen, wie lustvoll er infolge dessen die Briefmarken befeuchtete! Hier im Dorf kauften sich die jungen Eheleute ein Häuschen und bissen sich mit ihren kargen Löhnen daran fast die Zähne aus. Sie quittierte den mager bezahlten Postdienst und bildete sich zur Friseuse weiter.

Er dagegen liess sich vom Chef skrupellos ausbeuten, verfasste bemerkenswerte Vorträge für dienstliche Kolloquien in ausgesuchten Nobelherbergen der Postoberen und verzichtete dabei regelmässig auf fünfzig Prozent seiner Gratifikationen zu Gunsten eines gnädigen Vorgesetzten, denn der hätte sich weit gewinnbringender bedienen können.

Seine Frau machte als Friseuse das grosse Geld. Aber sie war stets zu müde um sich um ihre Kinder und den Haushalt zu kümmern. Als gefragter Gast zahlreicher glanzvoller Parties gewann sie unzählige Trophäen, wie den vergoldeten Kochlöffel in einem Packet Instant Nudeln, ein Set gezinkter Spielkarten, das leere Schnapsglas mit speziellem Gruss an die Leber, die gläserne Som Tam Schüssel mit programmiertem Sprung, das silberne Karaoke Mikrophon mit falschen Diamanten, eine Ehrenurkunde mit Prädikat und Schleife als regionale Klatschtante von nationaler Bedeutung und als Zugabe die leidigen Fettpolster in der Hüftgegend. Diese bedeutungsvolle nächtliche Sozialarbeit forderte die dauernde Abwesenheit von der Familie.

Deshalb erledigte der Postbeamte vor und nach seinem Job während Jahren die Pflichten des Haushalts und sorgte für die Kinder und deren Ausbildung. Als seine betagten Eltern starben, fand er heraus, dass die einen riesigen Grundbesitz besassen, den niemand je erwähnte. Auf einem kleinen Teil dieses Grundstücks erstellte er danach sein neues Haus. Mehrere Rai seines Landes möchte der mittlerweile selbständig Erwerbende verkaufen und den Erlös daraus mit seinen Geschwistern teilen.

Mit den umfassenden häuslichen Pflichten, wie kochen, waschen, bügeln, reinemachen, Kindererziehung nebst beruflicher Tätigkeit im neuen Schönheitssalon, fühlte er sich schlicht ausgenutzt. Er war die eigentliche Frau im Hause, während die seine nur durch Abwesenheit mit Fremdenverkehr glänzte. Er litt unter dem Arbeitsdruck und einer spürbar wachsenden Vereinsamung.  Kläffenden Köter fehlten offenbar. Männerbeziehungen brachten ihm Abwechslung, Freundschaften und in wenigen Fällen eine lange nicht mehr verspürte Liebe.

Trotz allem liess er sich auf Wunsch der Kinder nicht scheiden. Die Mutter besucht die Familie einige Tage im Jahr.  Dann spielen sie zu viert die Seifen-Oper: „Intakte Familie.“ Die Mutter führte ihre  minderjährige Tochter in ihre hohe Gesellschaft des Karaoke singenden Proletarier-Adels ein. Wenige Monate darauf trat das Mädchen der nicht existierenden Vereinigung: „Schwangere Bräute ohne Väter“ bei.

Der alte Herr liess für das törichte Töchterchen einen Coffee-shop, Tea-Room oder wie sie es immer nennen möchten, errichten. Sie zeigte kein Interesse für das hübsche Werk. Die junge Frau, ihr Kind und ihr Bruder warten noch heute auf ihr Erbe. Dieser  Mann schenkte mir in seinem Garten den eindrücklichsten Gottesdienst meines Lebens. Er organisierte die Veranstaltung zu Ehren seiner verstorbenen Eltern. Als es mir vor 10 Jahren sehr schlecht ging, ich lag im Chiang Mai RAM Hospital, versprach er, als Künstler würde er bei meinem Ableben für die Blumengedecke besorgt sein. Deine Blumen sind eine Ehre für mich, aber ich möchte nun nicht mehr zu lange warten. Danke!

Der Meister beim Verschönern junger Damen

Ich begann mit diesen Aufzeichnungen im Januar 2010.  Die damaligen Kommentare waren alle auf Abwegen.  Bedaure, Scholochow produzierte in kürzerer Zeit mehr Literatur! Das Rinnsal im Reisfeld ist jedoch nicht mit dem Don zu vergleichen.


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